03.11.2014

Tag 19 - "Uns geht gut"


Freitag, 06.09.2013
km: 0
Erholt wachten wir in unseren Hostelbetten auf (Betten!) und beglückwünschten uns noch einmal dazu, diese Nacht nicht auf dem kalten Campingplatznebenan verbracht zu haben. Nach dem Frühstück wurde der Kocher leer gebrannt. Das stand symbolisch für "den brauchen wir nicht mehr". Ein letztes Mal Schlafsack-in-die-Hülle-stopfen und dann ab zum KEX Hostel.


Dort stellten wir unsere Räder ab und stürzten uns erst mal ins Shopping- und Café-Abenteuer. Unser Zimmer war noch nicht fertig, also hatten wir viel Zeit!
Das Prikið ist eines der schönsten Cafés in Island mit herrlichem Blick auf die Haupt-Einkaufsstraße von Reykjavik. Wie will Berlin da mithalten?

 Es wurden also erfolgreich schöne Dinge gekauft, leckeren Kaffee und Kakao getrunken und am Mittag durften wir dann endlich unser wunderschönes Zimmer beziehen. Mit echten Decken! Und Laken! Und Handtüchern! Wir waren im Himmel. Im Vintage-Trödel-Hostel-Himmel. Nach kurzer "das Bett ist so gemütlich, ich steh hier nie wieder auf"-Pause plünderten wir die nächste Vinbudin und konnten alkoholtechnisch fully equipped den Weg zu Reykjavik Ink antreten. Denn als letzte Belohnung unserer Strapazen gab es für jeden von uns noch ein ganz besonderes Andenken unter die Haut.

Unser Zimmer! Ist es nicht hübsch?!

Was man nicht alles findet mitten in Reykjavik

KEX Hostel - Lounge, Bar, Schlafplatz, Konzerthalle, irgendwie alles in einem

Na? ... wer entdeckt's?
Danach wurden sämtliche Essensreste zu einem phantastischen Gourmet-Menu zusammen geschmissen (es war wirklich sehr lecker!) und zusammen mit Wein und Bier verdrückt. Zusammen mit den netten Schweizern, die wir schon in Höfn getroffen hatten, wurde aller Alkohol ebenfalls vernichtet. Als der Alk zu Ende ging, kam plötzlich noch irgendwo eine Flasche her... Gott weiß, wo die aufgetrieben wurde. Der Abend endete also feuchtfröhlich mit nur einem winzigen kleptomanischen alkoholbedingten Anfall...

Reste-Essen hat selten so gut geschmeckt!

28.10.2014

Tag 18 - "Weil wir es können"


Donnerstag, 05.09.2013
km: 50
Version Maren:

Der strahlend blaue Himmel lachte über Hveragerdi als wir aus dem Zelt krabbelten: Ausgleichende Gerechtigkeit nach einer weiteren verfrorenen Nacht (ohne Nordlichter). Da Holger heute zur letzten Etappe aufbrechen sollte, packten wir gewohnt routiniert zusammen, frühstückten und machten zum wiederholten Male von unseren Sonnenbrillen Gebrauch... unglaublich, aber wahr!

Nachdem Holger aufgebrochen war, um den letzten Frühstücksberg und die letzten 50 Kilometer unserer Reise in Angriff zu nehmen, vertrödelte ich meine Wartezeit bis zum Eintreffen des Busses wie gewohnt in einer Tankstelle bei Kafi und Skyr und einer isländischen Zeitung (also, beim Betrachten der schönen bunten Bilder). Der Bus kam pünktlich, ich belud ihn fachmännisch und hielt Ausschau nach Holger auf der Straße. Ich entdeckte ihn kurz vor dem Ortsschild von Reykjavik, wr aber selbst zu ergriffen von der Stadt, die sich vor mir ausbreitete und dem Gefühl, es jetzt endlich geschafft zu haben. Ordentlich winken war da nicht.
Einen kleinen Einfahr-Triumph wurde mir dann auch noch zu Teil, weil der angesteuerte Busterminal am Stadtrand lag. So schaffte auch ich die letzten Kilometer (es waren bestimmt 2!) auf dem Fahrrad zum verabredeten Treffpunkt auf dem Campingplatz. Und dann hieß es nur noch warten.
Das Willkommens-Reste-Essen ist angerichtet.




Version Holger:

Die Fahrt durch die Wolke vor 4 Tagen machte mir in der Folgezeit schwer zu schaffen. Seitdem machte sich in mir eine Erkältung breit und schwächte mich zunehmends. Die Kräfte ließen nach und ich war mental am Boden.
Wohlwissend, dass es nur noch 50 Kilometer bis Reykjavik waren und dass die heutige Etappe die letzte der gesamten Route sein würde, beschloss ich aber bereits am Vorabend, trotzdem zu fahren; unwissend, wie hart diese Etappe werden würde... vieleicht nicht unwissend, aber ignorant.

Nach dem Frühstücksberg - mit 6,7 Kilometern Bergauffahrt immerhin der zweitgrößte der gesamten Runde - folgte 12 Kilometer Gegenwind durch Schwefellandschaft. Ich brauchte eine Pause, ich war am Ende. Die Beine brannten, die Nase lief, der Kopf war völlig vernebelt. Was hatte ich mir da bloß angetan?!
Zivilisation! Ist das etwa... es IST Reykjavik!!


Und jetzt? Jetzt sitze ich in Reykjavik bei Nüssen und Bier und strahle übers ganze Gesicht - glücklich, es verdammt nochmal geschafft zu haben. Die Wende kam schneller, als ich dachte: Nach meiner Pause am Straßenrand ging es weiter. Mal wieder bergauf. Ich hätte kotzen können, wäre da nicht die Silhouette von Reykjavik direkt hinter der nächsten Kurve gewesen. Ich bin kein besonders extrovertierter Mensch. Aber meinen Jubelschrei hätte in diesem Moment ganz Island hören können. So viel Euphorie setzt natürlich gleich neue Kräfte frei. Außerdem lag Reykjavik ein ganzes Stück unterhalb von mir, was nur bedeuten konnte, dass ich ab jetzt bergab ins Ziel rollen konnte. Yeah, baby!

Nach dem obligatorischen Foto vor dem Ortsschild waren es nochmal mühsame 30 Minuten Gewusel durch die Zubringerstraßen und 30er-Zonen, bis ich endlich am Campingplatz, dem Start und Ziel unserer Reise, ankam und Maren in die Arme nehmen konnte. Dafür reichte die Kraft dann doch noch.
Da is dat Ding!

Ein Vorher-Nachher-Vergleich ohne das "vorher"
Auch nach einer Island-Umrundung noch unglaublich attraktiv: Maren!



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Nach erfolgreicher Reunion am Hostel gönnten wir uns erst einmal eine sonnige Brotzeit auf der Terrasse und äußerten leise die Vermutung, dass es während unserer Abwesenheit in Reykjavik die ganze Zeit über sonnig und schön gewesen war, währen wir uns durch Regen und Sturm kämpfen mussten.
Nach erfolgreichem Einzug in unsere Zimmer und einer winzigen Erholungspause machten wir uns auf, die Stadt zu erkunden. Frei nach dem Motto "man gönnt sich ja sonst nichts" schlemmten wir uns durch folgende Liste an Leckereien und genossen das gute Wetter:


  • Tee und Kaffee im KEX Hostel 
  • Sandwiches und belegte Brötchen
  • den bis jetzt zweitbesten Kuchen (oder den besten? Wer weiß)
  • Bier, Rauchmandeln und gebratene Champignons


Der Bürgermeister beglückwünschte uns zu unserer Leistung
Und jetzt lassen wir diesen Tag bei einem gratis Konzert im KEX Hostel ausklingen, das übrigens ganz wunderbar ist (also: das Hostel. Und das Konzert auch!). Was freuen wir uns, morgen hier einziehen zu dürfen!

Immer brav schreiben! Auch mit ein paar Bierchen intus

Und die Band spielte unser Lied... und wir verstanden kein Wort

22.10.2014

Tag 17 - "Kapitulation oohooo, Kapitulation"

(frei nach Tocotronic)


Mittwoch, 04.09.2013
km: +/- 30
Nach einer Nacht mit mal wieder Kälteunterbrechung verzweifelten Versuchen, die kalten Füße im Toilettenhäuschen zu wärmen, wurden wir schon vor dem Wecker von einem heftigen Platzregen aus dem Schlaf gerissen, der auf unser Zelt prasselte. Uns war klar: Island hatte genug von uns, und wir von Island. Zumindest genau in diesem Moment.
Doch irgendwann hörte der Regen auf und wir konnten aus unserem kleinen Heim krabbeln und feststellen, dass der Himmel mittlerweile doch einige blaue Stelle vorweisen konnte. Also wurde schnell zusammen gepackt, gefrühstückt und sich in die Sättel geschwungen. Der Anfang lief gut und und nach 13 Kilometern machten wir eine kleine Pause, um ein zweites Frühstück in Form von Teilchen vom Bäcker zu uns zu nehmen - Zimtschnecke und Zimtbrötchen! (es gab nur zimtiges...) Doch um ehrlich zu sein: Das, was sich in den letzten Tagen unaufhaltsam angebahnt hatte, traf jetzt nach der Weiterfahrt ein: Marens Knie machte endgültig schlapp.

Guten Morgen, Island! Na, das sieht ja gar nicht mal so schlecht aus!

Da es mittlerweile auch schon wieder angefalgen hatte zu regnen, waren wir schnell klatschnass und suchten in der nächsten Tankstelle Zuflucht und beschlossen das vernünftigste: Die restlichen Kilometer in mehreren Etappen per Bus zu machen. Denn: Erstens hatten wir die 1.000 Kilometer-Marke heute offiziell geknackt, zweitens ist das hier kein Rennen und drittens sollte unser Abenteuer immer noch Urlaub sein und keine Selbstzerstörung.
Also fuhren wir die 6 Kilometer bis Hella zurück, fanden dort Holgers verlorenen Handschuh (ja, auch das noch!) und warteten auf den Bus nach Hveragerði.

The magic number!

Eine wahrhaft befreite Sportlerin bejubelt die Sonne!


Wir wurden von dem Städtchen mit offenen Armen empfangen: Die Sonne schien (say what!?) und wir erkundeten die zahlreichen heißen Quellen und dampfenden Erdspalten. Die ganze Stadt schien zu kochen! So auch Holger: Er kochte in einer heißen Pfütze im Park ein Ei. Es wurde perfekt wachsweich.

Im Wonnemonat Mai da brat ich mir ein Ei!


Dampfendes Hveragerdi - ja, so sieht es da überall aus
Nicht umsonst "das Gewächshaus Islands" genannt... also, von uns



Auch bei Nacht noch eine Schönheit. Erwähnte ich das dampfende Wasser im 50-Meter-Pool?


Nach einer Monsterportion Eis (Lakritz und Keks-Karamell) erprobten wir Schwimmbad nummer 10, welches prompt den ersten Platz in unserem Schwimmbad-Ranking belegen konnte. Danach kochten wir Curry-Reis mit Mangochutney und Mörbsen und verdrückten hochzufrieden noch ein wenig Schokolade zum Nachtisch. Denn: Holger musste kräftig sein für die morgige Etappe, die er alleine antreten werden würde und somit Team Herzmaschinen sicher in den Hafen Reykjaviks strampeln würde, während Maren ihn mit kaputtem Knie im blau-gelben Begleitfahrzeug unterstützt und ihm zuklatscht.
Und dann, dann sind wir wirklich fertig. Fertig mit der Reise, mit unserer Gesundheit und mit den Nerven.

Ein Prost auf den Frühstücksberg, Holger! Du schaffst das!

Bei Sonnenschein muss Eis gegessen werden! Alte isländische Weisheit...

Tag 16 - "On the road again!"


Dienstag, 03.09.2013
km:85
Nach dem unfreiwilligen Pausentag aufgrund eines Sturmes in Höfn und eines weiteren in Vik - aufgrund eines weiteren Sturmes - kribbelte es uns in den Füßen. Nein, kein Fußpilz: Wir wollten endlich wieder fahren! Die letzten Tage fühlten sich eher schleppend und nicht wirklich nach "vorwärts kommen" an. Die gute Nachricht: Der Sturm war weg, das Wetter war gut (zumindest für isländische Verhältnisse). Also Fahrräder gepackt, dem wunderbarsten aller Hostels Tschüss gesagt und den ersten Frühstücksberg in Angriff genommen.

Die Straße ha(ss)t uns wieder

Die Euphorie des Wieder-unterwegs-seins hielt knapp 2 Kilometer. Danach waren Marens Knie und Bauch für eine miese Grundstimmung verantwortlich und resultierten in einer schnöden Rumkriecherei. Der Gegenwind tat sein Übriges dazu. So schafften wir die 35 Kilometer bis Skogarfoss in erstaunlichen 3 Stunden (plusminus). Aller Ärger verflog jedoch beim Anblick des 61 Meter hohen Wasserfalls, der für fantastische Fotos und nasse Hosen sorgte... weil Wasserfall... also Gischt...  Sprühwasser! Denn, easy going wie die Isländer nunmal sind, gab es keinerlei Absperrung zum Wasserfall. Man hätte sich praktisch direkt unter das tosende Wasser stellen können - Holger tat das dann auch gleich mal. Naja, zumindest fast. Bis auf gut 10 Meter kam er ran. Dann kam eine Böe und trieb so viel Gischt in seine Richtung, dass er binnen Sekunden komplett nass war. Aber das Foto war's wert!

Oh! Ein riesiger, gefährlicher Wasserfall! ... ich geh mal kurz hin!

.... Verdammt!

Nach etwas Diskutiererei nahmen wir ab Skogar für eine Haltestelle den Bus und kamen in Hvolsvöllur an; ein kleiner Ort mit Farmers-Market, Schwimmbad und N1. Im ersten gab es lecker Lachs für's Abendessen, zweites war heute Kostenlos und letztere steuerten wir gleich 2 mal an: Zur alltäglichen Kaffeeaufnahme nach Ankunft und dann nochmal als beste Wahl bei Schietwetter. Heute regnete es nämlich immer wieder - selbst bei Sonnenschein.

Muss man sich erst wieder dran gewöhnen: Unser trautes Heim!



Nach vorzüglichem Abendessen (es gab besagten Lachs mit Kartoffelpü und Mörbsen) saßen wir also beim letzten Tee des Tages an der Tanke und ließen diesen Tag ausklingen.

Frisch gefangen (nicht von uns) und schon im Koschi angebraten (von uns!)


Logbuch-Eintrag Nummer 16 - mal wieder in einer N1

21.10.2014

Tag 15 - "Daumen hoch für Vik"


Montag, 02.09.2013
km: 0
Aus dem festen Entschluss, den ungeplant freien Tag mit Ausschlafen zu beginnen, wurde leider nichts. Nachdem sich schon am Abend zuvor Holgers Rücken kurz und heftig zu Wort gemeldet hatte, machten auch bei Maren die körperlichen Beschwerden keine Pause: Sie wachte morgend um 5:00 Uhr mit Bauchschmerzen auf, die nur mit einer Kanne Tee und viel Internet-Daddelei im Hostel besänftigt werden konnten. Und dennoch verschwanden sie nicht wirklich. Aus dem sturmbedingt fahrradfreien Tag wurde jetzt also auch ein krankheitsbedingter Ruhetag.


Vik, du geile Sau! Schön siehste aus!

Nachdem die Hausapotheke nichts passendes hergegeben hatte, wanderten wir nach dem Frühstück (ein sehr ausgiebiges mit viel Tee, viel Kartenspielen und geklauten Waffeln vom Hostel-Buffet) zum Arzt. Dieser verschrieb nach etwas Rumgedrücke in der Magengegend Tabletten und verlangte horrende Behandlungsgebühren. Erleichtert machten wir uns auf, gleich ein wenig Geld im ortseigenen Supermarkt auszugeben und kauften isländischen Hochzeitskuchen für die geschundenen Regenseelen. Dieser wurde dann auch gleich im Hostel bei weiteren Litern Tee verspeist - zumindest zur Hälfte.

Ein Bild, das unsren gesamten Aufenthalt in Vik beschreibt? Bitte sehr!

Nachdem der Versuch, zum Strand vorzukommen fehlgeschlagen war (der Wind war einfach zu stark und pustete uns permanent schwarzen Lavasand in die Augen), beschlossen wir, den restlichen Tag im Schwimmbad zu verbringen. Vorher gabs noch den bisher besten Kakao der ganzen Reise in einem sehr schnuckeligen Café.

Ein Tag am Strand! Wie schön!

 Da saßen wir nun im heißen Wasser: Der Sturm fegte über unsere Köpfe und uns ging es gut, sehr gut!
Glücklicherweise versprach die Wettervorhersage für morgen, dass der Sturm weiterziehen würde. Und der Regen? Tja, der Regen... wer weiß. Eigentlich hält die isländische Wettervorhersage nie so ganz das, was sie verspricht. Wir packten also schon mal unsere Regenhose provisorisch ganz nach oben und freuten uns auf die letzten Endspurttage. Wenn das Wetter es zulässt (und der Magen. Und der Rücken. Und das Knie. Und die Nerven.)

20.10.2014

Tag 14 - "Weiter - immer weiter"


Sonntag, 01.09.2013
km: 65
Heute sind wir 65 Kilometer gefahren. Am Stück. Ohne Pause. In 2 1/2 Stunden... was war los?!
Ohne Wecker sind wir kurz vor 7 Uhr wach geworden und haben - völlig routiniert - Frühstücksmüsli und Tee gemacht und das Zelt gepackt. So konnten wir bereits um 9 Uhr unserer kleinen Oase mitten im Nirgendwo "Auf Wiedersehen" sagen - auch wenn es wohl nie eines geben wird.

Für die 3 Kilometer zurück zum Highway 1 brauchten wir Dank fehlendem Wind nicht einmal halb so lange wie gestern Abend, als wir die schweren Räder bei Gegenwind über unbefestigtes Geröll einem unbekannten Ziel entgegenschoben.
Der fehlende Wind ließ uns anfangs gut voran kommen. Und als nach den ersten 20 Kilometern dann doch der Wind zurück kam, war das gar nicht schlimm: Er kam von hinten (aaah... von hinten!). In der recht trostlosen Landschaft aus Lava und Moos hing dichter Nebel - oder war es doch eine Wolke, die nicht an den Bergen vorbei kam und stecken geblieben war? Egal. Jedenfalls drang das Wasser langsam aber stetig in sämtliche Poren unserer Kleidung. Uns war kalt, alles war nass. Ein Unterschlupf oder sonst irgendeine verlockende Pausenstelle gab es hier nicht. Also ging es weiter, immer weiter. Ohne den Regen hätte es eine wirklich großartige Etappe werden können. Aber es gab ihn nunmal. Die rettende N1 im Kopf und einen angenehmen (weil nicht frontal auf uns knallenden) Wind im Rücken schafften wir Kilometer um Kilometer. Bis wir plötzlich da waren: Umrandet von atemberaubend schönen Klippen, in denen Möven und Papageientaucher nisteten, lag Vík. Ein Kleinod mit bezauberndem Charme und einem leider überhaupt nicht bezaubernden Campingplatz. Der "Rasen" stand mehr als knöcheltief unter Wasser und alles war kalt und bäh! Im örtlichen Hostel war eigentlich auch kein Bett mehr frei... eigentlich! Denn unser Bett für diese Nacht wurde ein kleiner Caravan auf dem Hof des Hostels, den wir ganz für uns allein hatten!

Home Sweet motherf***ing Home!!!

Trocken, warm und windgeschützt ließ sich auch der tagsüber tobende Sturm aushalten. Und mit der Aussicht auf eine Matratze - eine echte Matratze - gingen wir sehr früh ins Bett. 

Tag 13 - "Tu ma lieber die Möhrchen"


Samstag, 31.08.2013
km:12
Der Routinecheck des Isländischen Wetterdienstes verhieß auch für den heutigen Tag nichts Gutes. Die Vorhersage versprach zwar ordentlich Sonne, dafür aber weiterhin sturmartige Windböen mindestens Stärke 7 von Westen. Also: Aus der Gegenrichtung. Daher ließen wir uns von unserem favorisierten gelb-blauen Busunternehmen weiter gen Westen kutschieren. Vorbei an eindrucksvollen Gletscherlagunen, Flussdeltas und dem Vatnajökull. Angekommen in Kirkjubæjarklaustur waren wir durch das Busgeschaukel, die allzu friedlich wirkende Sonne und wahrscheinlich auch durch die viel zu heiß aufgedrehte Heizung im Bus in unserem objektiven Blick der Sachlage so eingeschränkt, dass wir trotz Sturmwarnung versuchen wollten, zum nächsten Campingplatz zu kommen, der ja auch nur noch 35 km entfernt lag.

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Kann man auf diesem Foto das Wetter erahnen? Nein, nicht annähernd!

Kaum angekommen in der Mondlandschaft aus Lava und Moos merkten wir schnell, dass das wohl die dümmste Idee unserer bisherigen Reise war. Noch dümmer war vielleicht nur noch, das wir nicht auf dem Absatz - pardon: auf dem Hinterrad - Kehrt gemacht haben, um im sicheren Hafen von Klaustur Schutz zu suchen, sondern wie die Irren durch die Lava steuerten; Spielbälle im Wind und immer noch fest entschlossen, heute wenigstens ein bisschen Fahrrad zu fahren.
Doch der Wind wurde immer stärker und mit ihm der Respekt und das bange Gefühl, sich vielleicht übernommen zu haben. Außerdem kamen wir mittlerweile gar nicht mehr vorwärts, weswegen wir vom "Rad fahren" zum "Rad schieben" übergehen mussten. So taten wir wenigstens mal was für unsere Armmuskeln.
Da alle Autos ohne auch nur Notiz von uns zu nehmen an uns vorbei bretterten und selbst menschenleere Busse nicht anhielten, verließ uns endgültig die Motivation und wir beschlossen, zu einem Haus zu laufen, das einen geschätzten Kilometer am rechten Straßenrand hinter den Lavafeldern zu sehen war, um dort Schutz vor dem Wind zu suchen und die Zeit bis zum Eintreffen des STRATEO-Busses zu verbringen.

Schutz vorm Sturm? Fehlanzeige!
Aus dem geschätzten Kilometer wurden drei, und wir brauchten 40 Minuten, um das Haus zu erreichen. Wir hegten die Hoffnung, dass uns eine Isländische Oma mit den Worten "Ich habe euch schon von Weitem gesehen. Kommt rein, Kaffee ist schon augesetzt!" begrüßt (alles natürlich auf Isländisch...). Selbst mit einem Redneck mit Schrotflinte wären wir noch irgendwie klar gekommen. Und was war? Nichts! Das Haus war verlassen, leer... und abgeschlossen! Nachdem wir das Areal gründlich inspiziert hatten und auf der sonnigen, windgeschützten Veranda eine Tüte Studentenfutter verspeist hatten, beschlossen wir, hier die Nacht zu verbringen und am nächsten Tag weiter zu fahren.
Wir fanden ein windgeschütztes, nicht allzu schräges Plätzchen für unser Zelt und schliefen ganz ermattet erstmal ein Ründchen...

Eine erschöpfte Maren im ersten Windschatten des Tages

Seht ihr da ganz hinten am Horizont die Straße? Nein? Wir auch nicht.

Unsere kleine Farm

Unsere noch kleinere Farm
Danach zauberte Holger etwas zu Essen und schimpfte nur ganz selten über den Kocher, während Maren faul im Zelt liegen bleiben durfte. Das Essen wurde übrigens superklasse: Ebli, Möhrchen, Pilzsoße! Genau das hatten wir verdient nach diesem Tag. Und genauso verdient hatten wir uns die Schoki im Schlafsack!

23.11.2013

Tag 12 - "Storm is over, storm is over... nicht"


Freitag, 30.08.2013
km: 0
Nach einer der ruhigsten und erholsamsten Nächte soweit in Island wurden wir von einem sanften Regen aus dem Schlaf getrommelt. Der Wecker hatte damit natürlich rein garnichts zu tun. D wir schon gestern beschlossen hatten, die erste Hälfte des Tages den Regen abzuwarten und uns Höfn anzuschauen, hatten wir keine Eile, sondern blieben noch ein wenig liegen, hörten dem Regen zu und spürten den einen oder anderen Kilometer unserer gestrigen Etappe in unseren Knochen.

Blauer Himmel - und trotzdem Kackwetter... tja, so ist Island halt


Da sich das sanfte Tröpfeln aber schnell in einen ausgewachsenen Regenguss mit dazugehörigem Wind entwickelte, verlegten wir unser Frühstück in den warmen Aufenthaltsraum des Campingplatzes, immer noch fest entschlossen, Mittags für eine halbe Tagesetappe aufzubrechen.
Von diesem furchtlosen Plan wurden wir von der sehr direkten Lady im Touristen-Informations-Zentrum abgebracht, die uns die Wettervorhersage mit Sturm offenbarte und uns ans Herz legte, heute Nacht lieber innerhalb fester vier Wände zu nächtigen.
Also quartierten wir uns kurzerhand in das nahe gelegene Hostel ein und nutzten die Chance zum Wascheneiniger Stinke-Klamotten und zum Trocknen unserer dummen verfrorenen Füße und Hände.

Isländische Architektur at its best


Nachdem die Frühstücksmahlzeit auf den Mittag und zuvor schon die Mittagsmahlzeit auf das Frühstück verschoben wurde (ich kann das gar nicht verstehen...) machten wir uns auf, das windige Höfn zu besichtigen. Also kämpften wir uns Richtung Hafen, legten uns in den Wind und kehrten schnell in eine kleine Viskbudin ein, in der Holger eine Portion Pommes gegen das schlechte Wetter verzehrte und Maren mit einem Lakritz-Lolli ruhig gestellt wurde.

Der Sturm kommt

Im sicheren Hafen

Kann man uns die letzten 2 Wochen ansehen???
 
Kaum wieder draußen im Sturm hatten wir Lust auf Kuchen. Da dieser aber in den nächsten Örtlichkeiten zu horrenden Preisen feilgeboten wurde (pro Stück 1.500 ISK!) und garantiert nicht hausgemacht war, gingen wir noch schnell einkaufen und kochten als Entschädigung ein superklasse Reis-Chutney-Abendbrot. Zur Verdauung und zur Bewertung des ortsansässigen Sundlaugs (Schwimmbad) gingen wir anschließend noch eine Runde planschen... dabei stieß sich Maren noch den Ellbogen an der Wasserrutsche, wofür sie aber mit einem superklasse Blick über den Gletscher Vatnajökull belohnt wurde. Die Anzahl der verletzten Gelenke steigt damit auf zwei. Auch superklasse.

nächtlicher Anblick des Vatnajökull - des größten Gletschers Europas

20.11.2013

Tag 11 - "Stürmische Zeiten"



Donnerstag, 29.08.2013
km: 96
Ich lese unseren Eintrag vom 5. Tag und muss lächeln, wenn ich überlege, was wir damals (ja, ja, lang ist's her) als "Wind" bezeichnet haben. Ich will gar nicht klein reden, was wir da vor einer Woche geleistet haben... aber was heute frontal auf uns traf, war eindeutig viel Wind... viel, viel Wind!

Die Wolken ließen es erahnen: Wind im Anmarsch!




Nebelschwaden, fliehende Schwäne... gleich läuft Hitchcock durchs Bild

Aber der Reihe nach: Zum Frühstück gab's mal wieder Müsli, das aber wenigstens im warmen Clubhaus des recht merkwürdig anmutenden Golf-Club-Bauernhofes. Dazu gab's Tee und ein Rentier (zu Besuch). Unsere Sachen waren schnell gepackt und die ersten Kilometer gingen wie immer gut und zügig vorbei... naja, zumindest bei Maren. Holgers Tag wollte heute Morgen nichts vom Fahrradfahren wissen. Besagter Sturm kam dann auch gerade zur rechten Zeit, als es gerade gut lief (Achtung: Ironie!). Entsprechend windgeschützt gab's das mittägliche Brote-Essen hinter einem Leuchtturm mit wahnsinns Blick über die Küste. Überhaupt tröstete die Siche über den permanenten Wind hinweg.

Besuch zum Frühstück

Könnte eine Station in den Alpen sein, ist aber ein Leuchtturm an der Küste

Holger "genießt" die Aussicht - nach Luft schnappend



Zum Schluss - als wir beide schon ganz mürbe vom ständigen Gegenwind und den geschafften 80 Kilometern waren - gab's noch ein Highlight auf unserer Tour: Eine Fahrt durch einen Berg. Nicht drüber, sondern durch! Blauäugig wie wir waren, dachten wir, dass wir wenigstens im Tunnel für 2 Kilometer windgeschützt wären... war nicht so.
Körperlich und mental total am Ende erreichten wir Höfn und dort eine N1 mit Refill-Angebot. Durch unser Hammerstück von heute können wir uns morgen dann mal schön Zeit lassen... und das werden wir auch tun... oder?

Scheißtag - erstmal zum Hot Pot...